13. Juli 2020
Sommer, Sonne, Reisezeit – Hochsaison für die Pannenhelfer des ADAC. In Sachsen-Anhalt sind 29 der Gelben Engel unterwegs. Genau 15.556 Einsätze stehen für sie vom 1. Januar bis 30. Juni 2020 zu Buche, berichtet Teamleiter Jan Möllhoff. Das sei rund ein Viertel weniger als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Der Grund: In Corona-Zeiten waren deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs. Doch mit den Lockerungen steigt auch das Verkehrs- und damit das Arbeitsaufkommen. Autobahnen zählen dabei zu den größten Herausforderungen. Besonders heikel sind Einsätze im Baustellenbereich.
Auf der A 2 zwischen Magdeburg-Rothensee und Kannenstieg läuft das derzeit größte Straßensanierungsprojekt Sachsen-Anhalts. Nach mehr als 20 Jahren ist die Fahrbahn verschlissen und muss erneuert werden. Außerdem wird an der Autobahnbrücke über die Elbe gebaut. Der Baustellenbereich ist insgesamt zwölf Kilometer lang und damit eine Geduldsprobe für die Kraftfahrer. Möllhoff lobt die Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, Staus und Unfälle zu vermeiden. So wird der Verkehr durchgehend auf zwei Fahrspuren an der Baustelle vorbeigeführt. Es gibt Nothaltebuchten. Hinweisschilder mit Smileys weisen auf die noch zu absolvierende Strecke hin.
Das Konzept scheint bisher weitestgehend zu funktionieren. Meist rollt es problemlos. Aber es kann auch anders kommen, wie sich immer wieder zeigt. Nach Unfällen vor der Baustelle bildeten sich zuweilen kilometerlange Staus mit langen Wartezeiten. Die Umleitungsstrecke durch das Magdeburger Stadtgebiet ist dann hoffnungslos überlastet. Mit der Urlaubszeit ist eine weitere deutliche Zunahme des Verkehrs zu erwarten. Dann könnte die A 2 bei Magdeburg zur Staufalle werden. Umso wichtiger ist dann schnelle Hilfe, wenn es mal klemmt. Liegen gebliebene Autos sind ein Sicherheitsrisiko und können die Situation verschärfen.
Seit 26 Jahren ist Frank Huckauf als ADAC Pannenhelfer auf Sachsen-Anhalts Straßen unterwegs. Sowohl in der Stadt als auch in ländlichen Regionen und auf den Autobahnen ist er auf Achse. Bei Einsätzen auf Autobahnen sind stets Umsicht und oft Geduld gefragt. Denn auch für die Pannenhelfer gelten die allgemeinen Verkehrsregeln. Das Fahren auf dem Standstreifen oder in der Rettungsgasse ist für sie tabu. „Wir haben keine Sonderrechte. Im Stau müssen wir uns ganz normal hinten anstellen“, sagt Huckauf. „Es sei denn, die Polizei lotst uns durch.“ Das sei meist dann der Fall, wenn das Pannenfahrzeug selbst die Ursache für den Stau ist.
Wenn Fahrzeuge im Baustellenbereich liegen bleiben, seien oft überhitzte Kühler oder leere Batterien Grund für die Havarie. Das Stopp-And-Go-Fahren bei laufendem Radio und Klimaanlage fordern von manchem Modell ihren Tribut. Ein vermeintlich typisches Stauproblem, dass der Sprit ausgeht, komme dagegen relativ selten vor. Für alle Fälle gehört je ein Fünf-Liter-Benzin- und Dieselkanister zur Grundausrüstung des Pannenhelferfahrzeuges. Auch eine Notration Getränke hat Huckauf stets dabei. Beides werde jedoch selten benötigt. Die meisten Autofahrer gehen gut vorbereitet auf Tour.
Typische „Kunden“ gebe es nicht. Frauen und Männer seien ebenso gleich vertreten wie Ältere und Jüngere. Auch bei den Fahrzeugmarken lasse sich kein spezielles „Pannenmodell“ ausmachen. Die Anfälligkeit steige natürlich mit dem Alter des fahrbaren Untersatzes. Gut kann sich Huckauf noch an seinen „ältesten Fall“ erinnern. Zwei Herren im gesetzten Alter waren mit ihrem Oldtimer, einem 170er Mercedes aus den 1930-er Jahren von Berlin in die Niederlande unterwegs. Bei Magdeburg hatten sie ein Problem mit der Dieselleitung. Ihnen konnte, wie den meisten, die die Pannenhelfer rufen, geholfen werden.
Vor Ort erleben Huckauf und seine Kollegen so manche Überraschung. Meist sehen sie schmunzelnd darüber hinweg, etwa wenn sie dazu kommen, dass sich ein Pärchen die Wartezeit mit „anderen Dingen“ vertreibt. Negative Erlebnisse und Beschimpfungen seien selten. „Die meisten Leute sind dankbar, wenn wir da sind. Das gilt auch für die Leute, die im Stau stehen. Sie freuen sich, wenn sie das gelbe Fahrzeug sehen, dass es bald wieder weiter geht“, weiß er.
„Die Erfolgsquote der ADAC Pannenhilfe in Sachsen-Anhalt liegt bei knapp 85 Prozent“, berichtet Teamleiter Möllhoff nicht ohne Stolz. Das heißt: Der Defekt kann vor Ort behoben werden und die Betroffenen ihre Fahrt fortsetzen. Auch nicht bei jedem Einsatz gehe es um ein schwerwiegendes Problem. Es komme vor, dass besorgte Fahrzeugführer, die nicht wissen, dass ihr Auto über eine Start-Stopp-Automatik verfügen, anrufen, weil der Motor beim Halten im Stau stets ausgeht. Auch wenn ein gelbes Kontrolllämpchen aufleuchtet, müsse man in der Regel nicht sofort anhalten, so der Experte. Vorsicht sei allerdings bei roten Warnlampen geboten.
Im Zweifel sollte man, wenn möglich, an der nächsten Abfahrt von der Autobahn abfahren und in Ruhe die Pannenhelfer rufen. "Auch mit platten Reifen lasse sich meist noch ein Stück in Schrittgeschwindigkeit fahren, um den Gefahrenbereich über die nächste Ausfahrt zu verlassen". Im Ernstfall gelte es, die Pannenstelle abzusichern und einen sicheren Platz aufzusuchen (zum Beispiel hinter die Leitplanke). Denn die Sicherheit der Reisenden und der Pannenhelfer hat stets Priorität.
Fotos und Text: Christian Wohlt